Geschichte der Fotografie - Teil 2:
Die Industrialisierung der Fotografie
Die verbesserten Trockenverfahren und das Verkleinern der Amateurkameras zum Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichten der Fotografie eine gewisse Mobilität.
Da man Fotoplatten nun lagern konnte, wurde eine industrielle Fertigung des fotografischen Aufnahmematerials möglich. Erfahren Sie im zweiten Teil der Geschichte der Fotografie alles zum Thema Rollfilmkamera und die Kodak Nr. 1.
Die Rollfilmkamera
Fotoapparate, die einen Rollfilm als Aufnahmematerial verwenden, nennt man Rollfilmkameras. Um 1890 löste diese Bauart die davor gebräuchlichen Plattenkameras ab. Leon Warnecke, der eigentlich Władysław Małachowski hieß, erfand bereits 1875 die erste Rollkassette mit Negativpapier. Zu Beginn funktionierte die Kamera mit einem Rollfilm auf Kollodium-Basis – ab 1881 dann auf einer Gelatine-Emulsion. Rollfilmkameras sind aus den Hand- und Geheimkameras der 1860er und 1870er Jahre hervorgegangen und waren die Grundlage für die späteren Boxkameras, die zwischen 1910 und 1960 den Markt dominierten. Jede heutige (analoge) Kleinbild- und Mittelformatkamera arbeitet auch nach dem Prinzip des Rollfilms. Lediglich Großformatkameras arbeiten noch mit Planfilm.
Industrialisierung des Rollfilms - „You press the button, we do the rest“
George Eastman war ein amerikanischer Erfinder und Unternehmer. Er gründete die Eastman Kodak Company mit dem Ziel, Fotografie für jeden erschwinglich zu gestalten. Er vereinfachte das Fotografieren soweit, dass man für eine Aufnahme nur noch einen Knopf drücken brauchte (siehe Kodak Nr.1). Warneckes Design diente Eastman als Inspiration für den ersten kommerziellen, erfolgreichen Rollfilm im Jahr 1884. Der Eastman-Rollfilm bestand aus 100 fotosensiblen aufgerollten Papieren – erst Stripping Film danach American Film genannt. Er wurde unter dem Namen „Eastman’s American Film“ verkauft, weswegen sich die Firma später von The Eastman Dry Plate Company in The Eastman Dry Plate and Film Company umbenannte.
George Eastman trug einen erheblichen Teil zur Popularisierung des Rollfilms bei. Mit dem Bau der Kodak Nr.1 und durch den Entwicklungsservice erhöhte sich nicht nur der Absatz des Films, sondern das Produkt dominierte bald auch den Markt. Ein weiterer Meilenstein war die Einkapselung des Rollfilms. Der Fotografierende konnte nun auch
bei Tageslicht den Film wechseln, ohne extra zum Entwicklungsservice gehen zu müssen. Die voranschreitende Industrialisierung ermöglichte Verbesserungen der Bildschärfe und eine Verringerung der Körnigkeit. Thomas Alva Edison, der u.a. die Glühlampe erfand, entwickelte eine Perforation für 35-mm-Filmen. Dadurch konnte der Rollfilm auch für
Kinofilme und Kleinbilder genutzt werden.
Die Kodak Nr. 1 und seine Vorläufer
Thomas Bolas gilt als Vater der Detektiv-Kamera. Er arbeitete oft mit Professoren der Chemie zusammen im Labor, wodurch seine Neugier an den chemischen Prozessen der Fotografie geweckt wurde. 1875 trat er der Photographic Society bei und präsentierte nur 5 Jahre später seine eigens entwickelte Detektiv-Kamera. Im Journal of the Photographic Society wurde am 21. Januar 1881 eine Kamera in Form einer kleinen Holzbox vorgestellt.
Es ist ein weit verbreiteter Irrglauben, dass die Kodak Nr. 1 die erste Rollfilmkamera sei. Die Kodak Nr. 1 wurde von 1889 bis 1895 produziert und erblickte somit erst einige Jahre später als die oben erwähnte Detektiv-Kamera das Licht der Welt.
Die Kodak Nr. 1 ist eine leichte Weiterentwicklung der Original-Kodak. Unter Hobby-Fotografen wurde sie vor allem durch den Werbeslogan “You press the button, we do the rest” beliebt. Der Hersteller Eastman Company bot einen Entwicklungsdienst für 10 US$ an, bei dem man die Kamera samt Film einschickte. Nach vier Wochen kam die Kamera mit den Negativen und den Abzügen zum Besitzer zurück. Als besonderer Service wurde bereits ein neuer Film eingelegt.
Atelierfotografen bemängelten allerdings die schlechten Einstellmöglichkeiten der Kodak Nr. 1. Das Bedienkonzept war recht einfach gehalten und eher für die Ansprüche von Amateurfotografen ausgelegt.
Die Entwicklung des Fotojournalismus
Mit der Industrialisierung der Fotografie gewann auch der Fotojournalismus an zunehmender Bedeutung. Durch die Entwicklung von neuen Kameras, wie der Kodak Nr.1 und der Einkapselung des Rollfilms konnten Fotografien weniger umständlich und vor allem schneller erstellt werden. Es entstand unter anderem der Beruf des Pressefotografen, da sich zeitgleich die Illustrierten etablierten. Im Gegensatz zu Fotoreportagen reduzierte sich das Fotografieren als Pressefotograf eher auf das „Knipsen“ oder „Draufhalten“. Das Ziel war, mindestens ein scharfes Foto an die Redaktion liefern zu können. Dabei war es zweitrangig, ob eine Person vorteilhaft dargestellt wurde. Das relative Misstrauen gegen Pressefotografen oder Paparazzi, wie man sie heute auch nennt, lässt sich also durchaus historisch begründen.
Im nächsten Artikel lesen Sie, wie es zum Erfolg der ersten Kleinbildkamera Leica kam. Außerdem erfahren Sie mehr über die Entstehung des Blitzlichts.