Hyperfokale Distanz
So erzeugen Sie Schärfe auf mehreren Ebenen
Sie möchten scharfe Fotos von Landschaften schiessen, die auch bei maximaler Vergrößerung noch mit höchster Qualität punkten? Die Hyperfokaldistanz macht’s möglich. Das Grundprinzip der Schärfentiefe bezieht sich auf den Bereich vor und hinter dem fokussierten Punkt, der auf dem Foto scharf abgebildet wird. Bei einer Landschaftsaufnahme mit exakter Hypofokaleinstellung erreicht man ein Foto mit annähernder, grenzwertiger Schärfe des Hauptmotivs. Eine offene Blende führt zu einem sehr kleinen Schärfetiefenbereich. Das Motiv im Vordergrund ist scharf abgebildet, die Bereiche davor und dahinter werden jedoch unscharf. Je größer die Blende, desto stärker zeigt sich dieser Effekt. Umgekehrt wird der Schärfentiefebereich größer, je weiter die Blende geschlossen wird. Wenn Sie nun aber eine Landschaftsaufnahme machen und dabei Vorder- und Hintergrund gleichzeitig scharf abbilden möchten, kommt die Hyperfokale Distanz ins Spiel.
Hyper … was?
Die Hyperfokale Distanz (HfD) bezeichnet die Entfernung zwischen Kamera und Motiv mit der größten Schärfentiefe bei einer bestimmten Brennweite und einer bestimmten Blende. Bei hyperfokaler Distanzeinstellung beginnt der Schärfebereich bei der halben HfD und dehnt sich von da an bis unendlich aus. Vereinfacht gesagt: Wenn Sie die Hyperfokale Distanz zu Ihrem gewählten Objekt im Vordergrund einhalten und darauf fokussieren, ist alles dahinter ebenfalls scharf. Das macht die Hyperfokale Distanz insbesondere für die Landschaftsfotografie interessant, denn hier kommt oft ein Stativ zum Einsatz, um die Blende ohne Rücksicht auf Belichtungszeiten zu steuern.
Mythos „unendliche Tiefenschärfe“
Bestimmt kennen Sie das folgende Szenario: Sie möchten eine Landschaftsaufnahme machen und sowohl die Gebirgskette am Horizont, als auch den wenige Meter entfernten Baum mit auf’s Bild bekommen. Natürlich soll alles möglichst scharf und gut erkennbar sein – dafür sind aber mehrere hundert Meter zu überbrücken. Nehmen Sie nun den Baum in den Fokus, versinkt automatisch der Hintergrund in Unschärfe und umgekehrt. Das passiert, indem auf einen weit entfernt liegenden Punkt fokussiert wird – unendlich. Das Problem: Eine unendliche Tiefenschärfe gibt es nicht, auch wenn sich das Objektiv auf „unendlich“ einstellen lässt. Sinnvoll ist es daher, auf ein Motiv in passender Entfernung zu fokussieren und sich nicht völlig auf die automatische Einstellung an der Entfernungsanzeige oder dem Display zu verlassen.
Blende und Brennweite beachten
Die Hyperfokale Distanz hängt von der gewählten Blende sowie der Brennweite ab. Eine kleine Brennweite bei geschlossener Blende bedeutet eine kleine Hyperfokale Distanz und bewirkt einen tiefen Bereich scharfer Abbildung. Mit Weitwinkelobjektiv lässt sich also eine große Schärfentiefe erzielen. Diese will aber richtig genutzt werden. Um das Foto sowohl im Vordergrund als auch im Hintergrund scharf zu bekommen, müssen Sie die Entfernung zwischen Kamera und Vordergrund messen. Anschließend stellen Sie die entsprechende Blende und Brennweite ein. Beispiel: Ist Ihr Vordergrundobjekt fünf Meter entfernt und haben Sie eine Brennweite von 35 mm gewählt, dann wählen Sie Blende 8 für ein Foto mit optimaler Schärfe. Aber wie wird das nun berechnet?
Schnelle Hilfe vom Smartphone
Hand auf’s Herz: die wenigsten Fotografen verspüren den Drang, bei jeder Aufnahme erst einmal den Taschenrechner zu zücken, um die ideale Blende zu ermitteln. Das ist auch gar nicht nötig, denn mit Hilfe von praktischen Apps fürs Smartphone (z.B. PhotoBuddy für iOs oder HyperFocal pro für Android) können Sie die Hyperfokale Distanz ganz einfach berechnen. Hierfür brauchen Sie dann nur noch die Sensorgröße und den Zerstreuungskreisdurchmesser einzustellen, in der App muss dafür lediglich das benutzte Kameramodell ausgewählt werden. Sie haben kein Smartphone? Auch im Netz gibt es viele fertige Tabellen für verschiedene Kameras und Objektive, sowie nützliche Online-Rechner, die Ihnen verraten, welche Einstellungen Sie an Ihrer Kamera vornehmen müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Am besten stellen Sie sich hiermit eine Tabelle für Ihre Kamera zusammen und drucken diese aus.
Geht das überhaupt mit meiner Kamera?
Auf vielen modernen Objektiven werden Sie Entfernungsangaben und Möglichkeiten, diese einzustellen, leider vergeblich suchen. In diesem Fall hilft dann nur noch Schätzen. Nehmen Sie hierfür Vergleichsgrößen von Objekten in der Umgebung zu Hilfe. Auch mit der sogenannten Daumensprungregel können Sie die ungefähre Entfernung abschätzen. Strecken Sie dafür den rechten Arm aus und den Daumen nach oben. Peilen Sie mit einem Auge einen bestimmten Punkt an, schliessen Sie es und öffnen das andere Auge. Schätzen Sie dann die Differenz in der Ferne und nehmen diese x 10.
Richtig abblenden
Abblenden kann den Schärfebereich vergrößern. Hierbei ist aber Vorsicht geboten: Ist die Blendenöffnung zu klein, macht uns die Physik einen dicken Strich durch die Rechnung und Beugeeffekte führen zu einer großflächigen Unschärfe auf dem fertigen Bild. Der Einsatz kleiner Blenden verlängert außerdem die Belichtungszeit und bringt die Gefahr mit sich, dass die Aufnahme verwackelt, wenn Sie kein Stativ benutzt haben. Auch der Wind kann bewegliche Objekte wie Wolken, Blätter oder Wellen „verwischen“. Deshalb sollten Sie Weitwinkelobjektive nicht beliebig abblenden. Die Blende sollte nicht zu klein, die Fokusdistanz nicht zu groß sein. Große Schärfentiefe erreichen Sie bei Weitwinkeloptiken für das Kleinbildformat mit Blende 8 oder 11.
Übung macht den Meister
Natürlich werden Sie nicht auf Dauer mit dem Smartphone oder einer Tabelle hantieren müssen, um die ideale Hyperfokale Distanz zu ermitteln. Mit der Zeit werden Sie ein Gefühl dafür entwickeln, mit welchen Einstellungen Sie das beste Ergebnis erzielen. Wie überall gilt auch hier: Ausprobieren, Spaß haben und Erfahrungen sammeln.